Wie der Euro auf den Balkan kommt - und Schwarzgeld wieder weiß wird Norbert Mappes-Niediek
Etwas Besseres als der Euro kann Gani Thaci gar nicht passieren. Noch im vergangenen Jahr wurde der Bruder des einstigen Guerilla- und heutigen Parteiführers Hashim Thaci bei einer Razzia in Prishtina mit einer Million Deutscher Mark in bar angetroffen. Die Herkunft des Geldes ist ungewiss. Im besten Falle stammte es von den Tankstellen, die sich die demobilisierten UÇK-Kämpfer gleich nach der Besetzung der Region durch die Nato angeeignet hatten. Aber das Kosovo ist auch Transitland und Drehscheibe für Waffen- und Zigarettenschmuggel, Frauenhandel und Falschgeld. Die Szene hat gute Kontakte. Der reichste Kosovare der Welt, Bexhet Pacolli, bemüht sich um eine Banklizenz. Berühmt wurde der Herr des Schweizer Baukonzerns Mabetex, als er Bestechungsgelder für die Kreml-Renovierung über sein Budapester Konto leitete und die Familie Jelzin mit Kreditkarten ausstattete.
Wenn der Euro auch auf den Balkan kommt, wird für Gani Thaci alles einfacher. Dann kann der Bargeldmillionär einfach in eine Bank in Prishtina gehen und dort ein Konto eröffnen. "Man wird ihn nach der Herkunft des Geldes fragen", sagt Mohamed Bouaouaja, von der Uno bestellter Chef der Bank- und Zahlungsbehörde des Kosovo, einer Art Zentralbank, "wie bei jeder Transaktion über 30 000 Mark." Doch Gani Thaci muss um eine Antwort nicht verlegen sein und kann zum Beispiel erklären, dass es sich um die Ersparnisse seiner weitläufigen Familie handelt, deren fleißige Söhne seit Jahren in Deutschland und der Schweiz viel Geld verdient und es nach albanischer Sitte beim Familienvater abgegeben haben. Dokumentieren können wird er bestenfalls seinen Namen: Im Kosovo wird seit jeher in bar bezahlt, und in allen Polizei-, Finanz- und Verwaltungsangelegenheiten schlug nach dem Abzug der Serben im Juni 1999 eine Stunde null. Eine neue Kosovo-Polizei wird gerade aufgebaut, Beamter wird man nach einem sechswöchigem Crashkurs.
Gani Thaci tut gut daran, sich für seine Kontoeröffnung die Micro Enterprise Bank auszusuchen. Nicht nur, weil sie das weitaus größte der fünf im Kosovo agierenden Kreditinstitute ist. Sie ist auch das seriöseste. Gegründet unter Beteiligung der Commerzbank, ist das von balkanerfahrenen Entwicklungshelfern geführte Unternehmen über jeden Korruptionsverdacht erhaben. Schöpft die Bank Verdacht, wie er im Fall des Gani Thaci wohl nicht abweisbar wäre, meldet sie den Fall weiter an die UN-Behörde von Monsieur Bouaouaja, die leitet ihn eventuell weiter an die Polizei. Doch selbst wenn diese wirklich ermittelte, käme wahrscheinlich nichts dabei heraus.
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